GREAT BARRIER ISLAND

BARFUSS, FLIPFLOP & GUMMISTIEFEL

Ist Waiheke die mediterrane Schönheit im Hauraki Golf glänzt Great Barrier Island (nicht etwa das bekanntere Great Barrier Reef in Australien) durch Wildheit und Ursprünglichkeit. Es ist eine der abgeschiedensten Gegenden in Neuseeland, obwohl sie ironischerweise nur 100 km von Auckland entfernt liegt und mit einer viereinhalbstündigen Schifffahrt von dort aus an drei Tagen die Woche erreichbar ist. Lange wurde hier eine Brieftaubenpost zum Festland unterhalten (existiert immer noch als Hobby eines Insulaners) und es gibt kein Stromnetz, dafür gibt es hier die weltweit einzige vollständig mit Solar- und Windpower betriebene Radiostation. The Barrier schien genau nach unserem Geschmack zu sein.

Wir logierten auf der Barrier bei Angela & Sharpe, einem Paar das vor rund 20 Jahren aus Auckland hierher "ausgewandert" ist. Wir wurden bei der Fähre abgeholt, obwohl wir erklärt hatten, dass wir selbst zu ihnen fahren würden. So konnten wir das Gepäck abgeben und radelten unter Geleitschutz von Sharpe um die wunderschöne Bucht von Tryphena und meisterten den extrem steilen Aufstieg zu ihrer Unterkunft nur mit knapp Not selbst Fahrrad stossend (mit dem Auto kommt man nur im ersten Gang hoch). Doch oben angekommen entschädigt der Ausblick bei weitem alle Mühen.

Wie alle hier leben Angela & Sharpe off-grid mit 8 Solarpanels auf dem Dach. Ihr Motto "we attempt to be as self sufficient as possible - without losing out on the luxuries of life" hat uns angesprochen. Strom und Wasser hatten wir immer genug für bis zu sechs Personen (während unseres Aufenthaltes halfen einige Tage noch zwei junge Deutsche). Im Vergleich dazu mussten wir auf Waiheke extrem sparsam mit Wasser umgehen und hatten wiederholt power cuts.

Der Garten und das Meer brachten viel Frische in den reichhaltigen Speiseplan. Im Garten wurden wir auch eingesetzt. Zuerst beim Jäten und dann halfen wir fast täglich angeschwemmtes Seegras von den Stränden zu holen, das wurde als Mulch und Dünger verwendet. Wir bauten Kartoffel- und Kumarabeete und einen steinernen Weg. Fabienne verkaufte am Samstagsmarkt selbstgemachte Pestos, Saucen und Konfitüren.

Unsere Gastgeber waren aber nie darum verlegen uns immer wieder dazu zu ermutigen die Insel zu erkunden. Wir unternahmen zunächst eine Tour mit unserem Fahrrad, danach wechselten wir aufs Wasser. Steve, ein Freund unserer Hosts, stellte uns Kajaks zur Verfügung und zeigte viel Geduld uns das Fischen beizubringen. Mit dem gefangenen Snapper unterm Arm lud er uns dann zu sich auf ein Bier und Glas Wein ein. Dies sozusagen als Warm-Up für die bevorstehende Party zu Ehren des 40. Geburtstags eines Locals, zu der wir danach weiterzogen (immer noch mit dem Fisch, aus dem dann unser Katerfrühstück wurde). Ein grosser Teil der Inselbewohner war wohl zugegen mit einem unglaublichen Spektrum von Cocktailkleid bis Fischeroverall, von Gummistiefel über Flipflops hin zu Highheels, von Kleinkind bis Greis, alle waren sie vorort, wobei Sharpe und Steve (beide über 70) die Party am meisten aufmischten!

Party ist eigentlich nicht gerade was die Leute hierherzieht, die Insel trumpft mit der Natur. Bei der Irin, die im Irish Pub arbeitet, aber gemäss Angela wie eine Amerikanerin aussieht und fast alle Wanderwege der Insel abgewandert ist, erkundigten wir uns welche Wanderung toll wäre. Sie empfahl uns beim Harataonga Coastal Walkway anzufangen dann weiter durch den Windy Canyon an Mt. Hobson vorbei und schliesslich zum Mt. Heale Hut. Diese Wanderung hatten wir bereits ins Auge gefasst gehabt, denn nach diesem Zweitäger mit Hüttenübernachtung warteten zur Belohnung am Schluss die Hot Pools.

Zum Beginn der Wanderung kamen wir durch Stöppeln. Dies funktionierte hier bestens, gleich die ersten zwei Autos nahmen uns ein gutes Stück weit mit, dann kam aber lange nichts mehr. Schliesslich hielt Crissy für uns und hatte bereits die Irin mit Begleiter unterwegs aufgelesen. Hier sieht man sich immer ein zweites Mal. Zu unserem Glück sollte sich das tatsächlich bewahrheiten, denn Martin verlor die Kamera im Auto. Die wundervollen Fotos vom Coastal Walkway stammen daher von Fabienne's Kamera.

 

Nur das Rauschen der Wellen und der Gesang der Vögel begleitete uns durch den Busch und immer wieder taten sich Lücken auf und boten sich immer wieder überbietende spektakuläre Aussichten aufs Meer. Müde von vier Stunden wandern und vielen schönen Eindrücken mussten wir ein Stück der Strasse entlang gehen und wie gerufen fuhr Crissy um die Ecke. Sie befand sich auf ihrem Rückweg, nahm uns wieder ein Stück mit und Martin fand seine Kamera im Kofferraum wieder. Mit neuem Mut ging es weiter durch den Windy Canyon und dann Hunderte Treppenstufen hoch bis zur Mount Heale Hütte. Dort genossen wir einen farbenfrohen Sonnenuntergang mit Sicht aufs Meer und die unbewohnte Little Barrier Island.

Tags darauf stand der Abstieg an. Dieser führte uns an mystischen, nebelverhangenen Bergkämme entlang und durch Wälder voller Silberfarn zu den heissen Quellen, die wir ganz für uns hatten und in denen zu liegen eine wahre Wohltat war.

Wieder zurück in der Halb-Zivilisation erfreuten wir uns im Irish Pub an der Jam-Night. Aber ganz zurück in die Zivilisation zu gehen, also die Insel zu verlassen, fiel uns echt schwer. Dieser Ort ist einzigartig, eine andere Welt. Die Uhr tickt hier anders, das Leben ist hier anders. Die Kinder dürfen hier auch barfuss zur Schule und in der Unterrichtspause im Meer schwimmen gehen. Die fünf wird hier einfach auch mal gerade sein gelassen.

The Barrier war definitiv das last but not least unserer Neuseeland-Reise.

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